3 Tipps für mehr Zufriedenheit im Lehrerberuf
© Christian-Schwier / Fotolia.com
Ein Gastbeitrag von Lehrer|Schüler – Die Bildungsdienstleister
"Lehrer sein, das ist kein Beruf – das ist eine Berufung", ist ein geläufiger Satz, der so mancher angehenden Lehrkraft im Rahmen der Ausbildung zur Lehrerin oder zum Lehrer noch heute regelmäßig eingebläut wird. Ist das so? Ist die Entscheidung für den Lehrerberuf immer eine Herzenssache? Ist der Lehrerjob mehr als nur ein "Job"? Wenn man Lehrerinnen und Lehrer fragt, warum sie sich für die berufliche Tätigkeit in einem pädagogischen Beruf entschieden haben, bekommt man oft recht idealistische Antworten: "Ich will anderen Menschen helfen", "Ich will etwas Sinnvolles tun" oder "Ich liebe es, mein Wissen weiterzugeben" sind Standardantworten glücklicher Lehrerinnen und Lehrer. Sie zeigen auch, wie stark emotionalisiert die Berufswahl unter Lehrkräften häufig ist.
Im Rahmen unserer zahlreichen Beratungsgespräche haben wir es bei Lehrer|Schüler oft mit Lehrerinnen und Lehrern zu tun, die ganz am anderen Ende der Gefühlsskala angekommen sind. Sie sind regelrecht verzweifelt, teils deutlich depressiv und unübersehbar traurig, weil sie sich mit ihrem ehemaligen Traumberuf "Lehrkraft" nach einigen (oder auch vielen) Berufsjahren so gar nicht mehr identifizieren können.
Unser Beratungsangebot zu Lehrergesundheit und Work-Life-Balance für Lehrkräfte ist seit Jahren ein Dauerbrenner. Sollte das nicht nachdenklich stimmen? Erkennen Sie sich womöglich selbst in dieser Beschreibung einer Lehrerin oder eines Lehrers? Höchste Zeit für etwas positives Denken – exklusiv für den Blog unseres Kooperationspartners Betzold stellen wir Ihnen heute drei praktische Tipps für Lehrerinnen und Lehrer vor, wie Sie als unglückliche Lehrkraft den Spaß am Lehrerberuf wiederfinden.
Tipp 1 für mehr Zufriedenheit als Lehrerin oder Lehrer: Setzen Sie klare und nachvollziehbare Grenzen!
Überdurchschnittlich viele sozial eingestellte Menschen entscheiden sich statistisch gesehen für den Lehrerberuf. Doch sozial zu sein heißt nicht, das Nein sagen zu verlernen! Viele Lehrerinnen und Lehrer identifizieren sich so sehr mit ihren Schülerinnen und Schülern, dass sie dabei im Laufe ihres Lehrerlebens zunehmend das Gefühl für ein gesundes Maß an Distanzierung gegenüber den Kindern und Jugendlichen, aber auch generell dem Beruf gegenüber, verlieren. Lassen Sie uns das durch einige Beispiele aus den Lehrer|Schüler-Beratungen verdeutlichen: Wenn Sie noch spätabends Elterngespräche führen und nachts Klausuren korrigieren, über Ihre Unterrichtsvorbereitung nachgrübeln statt zu schlafen und während des Schulalltags Pausen regelmäßig ausfallen lassen, um erzieherische Gespräche mit Schülerinnen und Schülern zu führen, dann haben Sie insgesamt das rechte Maß verloren.
Denken Sie daran: Sie "sind" keine Lehrerin oder kein Lehrer, sie arbeiten nur als Lehrkraft! Spätestens, wenn Sie die Schultür hinter sich ins Schloss fallen lassen, sollten Sie wieder Ehemann oder -frau, Lebenspartnerin oder -partner, Vater oder Mutter, Sohn oder Tochter sein – und nicht länger "Herr x oder Frau y", die Lehrkraft! Lassen Sie Ihr Lehrer-Alter-Ego in der Schule! Niemand wird es Ihnen verübeln, wenn Sie freundlich, aber bestimmt, eine nachvollziehbare Grenzlinie ziehen, sobald Ihr Kraftkontingent für den Schultag aufgebraucht ist. Das gilt für Schülerinnen und Schüler ebenso wie für Kolleginnen und Kollegen, aber auch die Schulleitung. Sagen Sie nicht "Nein!", sagen Sie "Nein, aber ..." und bieten Sie ganz konstruktiv eine akzeptable Alternative! Nur ein Unmensch – dem Sie ohnehin nicht zu viel Zeit in Ihrem Leben einräumen sollten – wird eine solch offene und dem Gegenüber zugewandte Reaktion nicht zu schätzen wissen.
Nehmen wir an, eine Schülerin oder ein Schüler möchte sich nach der 6. Stunde eine Note erklären lassen, die Sie erteilt haben. Das sollten Sie nur spontan tun, wenn Sie es wirklich wollen, weil es dadurch für Sie ein Problem löst: Sie haben das Thema vom Tisch und es passt Ihnen gerade zeitlich. Ansonsten antworten Sie professionell-distanziert: "Ich nehme mir gerne Zeit für dich und dein Anliegen, doch heute wird das leider nichts mehr. Wir können jetzt auf jeden Fall noch kurz einen Termin für die nächsten Tage absprechen, der uns beiden passt. Dann haben wir alle Zeit, die wir brauchen, und können alles in Ruhe besprechen."
Dadurch verschaffen Sie sich Nachdenkzeit (falls Sie sich angegriffen fühlen oder den Sachverhalt der Klassenarbeit nicht mehr ganz parat haben) und nehmen der Situation in jedem Fall die Emotionalität, die sonst vielleicht zu einem hitzigen Wortgefecht zwischen Lehrkraft und Schülerin bzw. Schüler geführt hätte, das Ihnen am Ende die innere Ruhe nimmt und verhindert, dass Sie von der Schule abschalten.
Tipp 2 für unzufriedene Lehrkräfte: Akzeptieren Sie das Unabänderliche und verändern Sie das Inakzeptable!
Kennen Sie das "Gelassenheitsgebet" der Anonymen Alkoholiker? Verkürzt geht das in etwa so: "Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden!" Ein fantastischer Leitsatz für jede Lehrkraft!
In der Schule – und das heißt in den meisten Fällen, im Beamtentum – gibt es auf Grund der starken Hierarchieorientierung und der recht konservativen Ausrichtung des Lehrerberufs etliche Umstände, die einen zur Verzweiflung treiben können: Von nicht immer transparenten dienstlichen Beurteilungen über eine mangelhafte Medienausstattung an der Schule bis hin zur vermeintlichen Inkompetenz anderer Kolleginnen oder Kollegen oder zum rüpelhaften Verhalten einzelner Schülerinnen und Schüler – die geneigte Lehrkraft hat tagtäglich Dutzende Anlässe, um sich tief in eine Negativspirale zu vergraben. Sie selbst treffen die Entscheidung, ob Sie sich nervlich aufreiben wollen oder ob Sie Ihre (begrenzte) Energie lieber an einer Stelle investieren, an der sie sinnvoll eingesetzt ist – letzteres wäre dann die Empfehlung von Lehrer|Schüler.
Was Sie ändern können, das sind in erster Linie Sie selbst und Ihr eigenes Verhalten. Besonders, wenn es Dinge gibt, die Ihnen an die Substanz gehen und die für Sie untragbar sind, dann müssen Sie regelrecht handeln – dazu sind Sie sich selbst und Ihrer Lehrergesundheit gegenüber verpflichtet. Es hat sich noch nie bewährt, als Lehrkraft Unangenehmes "herunterzuschlucken" und Belastendes aussitzen zu wollen. Nicht umsonst sind depressive Verstimmungen und Burnout in den letzten Jahren regelrechte "Volkskrankheiten" unter Lehrerinnen und Lehrern geworden.
Wenn Sie sich also beispielsweise über Ihre Schulleitung ärgern, dann fordern Sie ein Personalgespräch ein! Nutzen Sie das Instrument des Personalrats – auch, wenn dieser an Ihrer Schule ein "zahnloser Tiger" sein sollte! Allein das Signal zu setzen, dass Sie sich Ihrer Rechte als Lehrerin oder Lehrer bewusst sind und dass Sie die Initiative ergreifen, wird Ihr Gegenüber aufhorchen lassen.
Ärgern Sie sich über einzelne Schülerinnen und Schüler? Bitten Sie die Eltern in die Schule und nehmen Sie sich eine Kollegin oder einen Kollegen, der oder dem Sie vertrauen, als seelische und moralische Unterstützung sowie als Zeugin oder Zeuge für den Ernstfall mit zum Konfliktgespräch hinzu! Das Instrument der kollegialen Fallberatung wird unter Lehrerinnen und Lehrern in Deutschland viel zu selten genutzt, obwohl es sich doch perfekt zur Beibehaltung der Psychohygiene im Lehrerberuf eignen würde.
Tipp 3 für mehr Spaß am Lehrerberuf: Nehmen Sie Ihr Lehrerschicksal aktiv in die Hand und nutzen Sie Gestaltungsfreiräume!
Ja, das Gefühl von Unzufriedenheit im Lehrerberuf ist – ein Stück weit – auch eine Frage der eigenen Einstellung als Lehrerin oder Lehrer! Der Lehrerberuf hat aus der Sicht von Lehrer|Schüler einen großen Vorteil, doch manche alteingesessenen Lehrkräfte sehen nach etlichen Dienstjahren in ihrer Verstimmung häufig den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. In kaum einem Beruf kann man – trotz aller notwendigen Vorgaben und Regelungen – so ungehemmt kreativ und selbstbestimmt arbeiten wie in der Profession der Lehrerin oder des Lehrers. Nutzen Sie dieses Potenzial für mehr Berufszufriedenheit im Lehrerjob!
Machen Sie die Unterrichtsvorbereitung und Korrektur zu Ihrem Steckenpferd und sehen Sie beides nicht als notwendiges Übel, sondern als Chance, sich als gewiefte, moderne, gerechte und von ihren Fächern begeisterte Lehrkraft zu profilieren – so viel Freude am Beruf ist ansteckend und wird auch an den Schülerinnen und Schülern nicht spurlos vorbeigehen! Nutzen Sie Belohnungssysteme, um die Qualität Ihres Unterrichts zu steigern und beeindrucken Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen mit Ihrem unkonventionellen Esprit – strahlen Sie aus, dass Sie sich immer wieder für den Lehrerberuf entscheiden würden! Notfalls: Fake it till you make it!
Die heutigen Lehrpläne sind vor allem kompetenzorientiert ausgerichtet. Das Vermitteln von klar abgegrenztem "Unterrichtsstoff" gehört im 21. Jahrhundert der Vergangenheit an. Also unterrichten Sie dementsprechend! Nutzen Sie die Chancen der Digitalisierung, die nun auch endlich Einzug in deutschen Schulstuben hält – auch, wenn es dafür eine Pandemie gebraucht hat – und stellen Sie ein faszinierendes Unterrichtsangebot zusammen, das es den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, für das Leben und nicht für die Schule zu lernen!
Überlegen Sie sich: Von alldem, was das aktuelle Thema beinhaltet: Was können die Schülerinnen und Schüler davon im Leben später wirklich brauchen – und wann? Was ist hingegen spätestens nach der nächsten Klassenarbeit wieder irrelevant? Bauen Sie aus Ihren Überlegungen ein Unterrichtskonzept, das auf den Nutzen für die Schülerinnen und Schüler abzielt und betten Sie alle Unterrichtsinhalte in den lebensweltlichen Horizont Ihrer kindlichen und jugendlichen "Kundschaft" ein! Mit didaktischer Reduktion kann man Schülerherzen gewinnen – probieren Sie es! Was kann schon schiefgehen?
Passende Beratungsangebote von Lehrer|Schüler
L1 | Quereinsteiger und Seiteneinsteiger in den Lehrerberuf: Beratung und Begleitung
L2 | Ausstieg aus dem Lehrerberuf / Berufliche Neuorientierung für Lehrkräfte
L3 | Kollegiale Fallberatung für Lehrkräfte
L4 | Digitalisierung und Homeschooling für Lehrkräfte
L5 | Praxiscoaching für Lehrkräfte I: Unterrichtsvorbereitung und Korrektur
L6 | Praxiscoaching für Lehrkräfte II: Lehrergesundheit und Work-Life-Balance
R1 | Hilfe und Begleitung im Referendariat für ein Lehramt
SL1 | Crashkurs für neue Schulleitungen
Römerstraße 41a
6230 Brixlegg/Tirol
E-Mail: [email protected]
Impressum
Datenschutz
Cookies
Römerstraße 41a
6230 Brixlegg/Tirol
E-Mail: [email protected]
Impressum
Datenschutz
Cookies