Umgang mit Schulschwänzern und Schulverweigerern
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Fast jeder Schüler und jede Schülerin schwänzt im Lauf der Zeit irgendwann einmal den Unterricht. Das heißt, er oder sie fehlt unentschuldigt oder der Entschuldigungsgrund entspricht nicht der Wahrheit.
Richtig problematisch wird es allerdings, wenn aus Schulschwänzern Schulverweigerer werden.
Die Folgen können den weiteren Lebensweg dieser Jugendlichen weitreichend beeinflussen und ihnen aufgrund eines fehlenden oder sehr schlechten Schulabschlusses viele berufliche Möglichkeiten verschließen.
Schulunlust mit der daraus resultierenden Schulverweigerung ist ein äußerst vielschichtiges Thema, das hier nur angerissen werden kann. Wir möchten dennoch den Blick auf dieses wichtige Thema lenken und Ihnen einige Hinweise zu Warnsignalen und Handlungsoptionen mit auf den Weg geben.
Wenn aus Schulschwänzern Schulverweigerer werden
In der Regel geschieht dies nicht von heute auf morgen. Bei den meisten summieren sich die blaugemachten Stunden und Tage langsam. Dadurch entfernen sich die Schülerinnen und Schüler immer mehr von den bisher gewohnten Abläufen und sie können sich immer schwerer dazu überwinden, die Schule zu besuchen.
Wenn Schülerinnen und Schüler bereits nur noch sporadisch zu einzelnen Stunden anwesend sind, ist es nicht einfach, diese Entwicklung wieder umzukehren. Deshalb ist es wichtig, diesen Verlauf möglichst schon zu unterbrechen, bevor die Fehlzeiten überhand nehmen.
In Sachsen-Anhalt wurden Anfang 2024 die Regelungen zur Meldung von unentschuldigtem Fehlen verschärft: Lehrerinnen und Lehrer müssen dort nun bereits nach drei Tagen Kontakt mit den Sorgeberechtigten aufnehmen. Zuvor betrug die Meldefrist eine Woche. Ziel sei es, frühzeitiger intervenieren zu können, um den Schülerinnen und Schülern sowie deren Familien Unterstützung anbieten zu können. Damit soll Schulabsentismus und einem möglichen Schulabbruch sowie Jugendkriminalität entgegengewirkt werden. (Quelle: News4Teachers)
Ob aus gelegentlich schwänzenden Schülerinnen und Schülern, irgendwann Jugendliche werden, die den Schulbesuch komplett verweigern, ist schwer zu sagen. Hierbei spielen viele Variablen eine Rolle: die Schülerinnen und Schüler selbst, die familiären Verhältnisse, die Reaktionen der Lehrerinnen und Lehrer und die Motive und Hintergründe des Schwänzens.
Schulverweigerung kann verschiedene Ursachen haben
Hinter der Schulunlust können viele Gründe stecken, von denen auch mehrere gemeinsam auftreten können.
Dazu zählen:
- Frustration aufgrund mangelnder Erfolgserlebnisse
- Keine Lust, sich an Regeln zu halten oder gängigen Konventionen zu entsprechen
- Freunde, die häufig die Schule schwänzen
- Keinen Sinn in Schule und Lernen erkennen
- Keine Lust, sich anzustrengen und zu lernen
- Familiäre Gründe: Gleichgültigkeit der Eltern gegenüber dem Tun des Kindes, Arbeitslosigkeit, Geldnot, Suchtproblematik der Eltern …
- Psychische Probleme
- Suchtprobleme
- Langeweile
- Für den Schüler/die Schülerin sind andere Dinge wichtiger als die Schule
Für die Schülerinnen und Schüler ist das Fernbleiben der Schule eine Lösungsstrategie, die aus ihrer Sicht Sinn ergibt: Sie vermeiden mit dem Schulbesuch den Auslöser schlechter Gefühle.
Auch aufgrund der unterschiedlichen Ursachen gibt es keine einfachen und generellen Lösungen des Problems. Allerdings gibt es gute Möglichkeiten, wie Sie auf unentschuldigte Fehlzeiten reagieren können.
Exkurs: Schulangst und Schulverweigerung
Wenn Schülerinnen und Schüler immer wieder im Unterricht fehlen, kann aber auch Angst vor der Schule der Grund sein.
Da Schulangst und Schulphobie andere Ursachen haben und deshalb auch andere Vorgehensweisen erfordern, ist es wichtig, sie von einer Schulunlust zu unterscheiden.
Ohne an dieser Stelle allzu tief in die Details gehen zu können, hier einige erste Anhaltspunkte:
Mögliche Ursachen von Schulangst
- Probleme mit den Mitschülerinnen, Mitschülern oder Lehrkräften
- Mobbing
- starker Leistungsdruck
- Prüfungsangst
- Lernschwächen
- Eine Schulphobie kann z. B. durch eine starke Trennungsangst von den Eltern ausgelöst werden.
Auch eine depressive Verstimmung oder eine Depression können dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler es nicht schaffen, die Schule zu besuchen.
Mögliche Anzeichen
Die Kinder zeigen oft auch körperliche Symptome wie Kopf- oder Bauschmerzen, Mattigkeit und Schlafprobleme. Auch Nervosität und Reizbarkeit können auftreten.
Angst vor der Schule und damit einhergehende körperliche Symptome spielen bei Kindern und Jugendlichen, die aus Schulunlust schwänzen, dagegen kaum eine Rolle.
Während Eltern von Schulverweigerern häufig nicht wissen, wo sich ihr Kind während der Unterrichtszeit tatsächlich aufhält, verbringen Kinder mit Schulangst und -phobie diese Zeit häufig mit Wissen der Eltern zuhause.
Es ist deshalb wichtig, genau hinzusehen und mit den Schülerinnen und Schülern zu sprechen, wenn sie häufiger im Unterricht fehlen. Der Austausch mit den Eltern und ggf. einem Schulpsychologen/einer Schulpsychologin sind ebenso hilfreich, um zu ergründen, was hinter den Fehlzeiten steckt.
Warnsignale für Schulunlust erkennen
Folgende Punkte können Warnzeichen für den Beginn einer „Karriere“ als Schulschwänzer sein:
- passive Schülerinnen und Schüler, die nur körperlich anwesend sind
- keine Beteiligung am Unterricht
- überforderte Schülerinnen und Schüler mit schlechten Leistungen
- Schülerinnen und Schüler, die im Unterricht oft sehr müde sind
- häufiges Zuspätkommen
- Freundinnen und Freunde, die häufig die Schule schwänzen
- Gleichgültigkeit gegenüber Schule und Noten
- Schülerinnen und Schüler, die keinen Sinn im Lernen sehen
Unter anderem diese und weitere Warnsignale finden Sie im „Handbuch Schulabsentismus. Hintergründe und Handlungshilfen für den Schulalltag“, hrsg. durch die Senatorin für Bildung und Wissenschaft, ReBUZ Bremen und der Freien Hansestadt Bremen, Bremen 2013, S. 9f.
Maßnahmen gegen Schulabsentismus
Schnell handeln:
Am sinnvollsten ist es, bereits einzugreifen, wenn sich die Warnsignale häufen. Noch ist der Schüler/die Schülerin Teil der schulischen Abläufe. Je mehr er sich ihnen entfremdet, desto schwieriger ist eine Rückführung.
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Gesprächsangebote machen:
Gesprächsangebote, um zu ergründen, was hinter der beginnenden Schulunlust steckt, sind dann ein erster Schritt. Falls Sie wissen, dass eine Kollegin oder ein Kollege einen besseren Draht zu dem Schüler/der Schülerin hat, können Sie diesen um Hilfe bitten. Liegt die Ursache in der Schule bzw. dem Unterricht begründet, können Sie hier ansetzen.
-
Eltern einbinden:
Bei Problemen, die mehr außerhalb der Schule liegen oder mit der Familie zu tun haben, können Gespräche mit den Eltern einen weiteren Schritt darstellen.
Um ihre Kinder zu unterstützen ist es wichtig, dass die Eltern weder zu viel Druck ausüben, noch das Problem herunterspielen.
Sie können mit dem Kind Regeln vereinbaren und klare Grenzen aufstellen, deren Überschreitung ebenso klare Konsequenzen folgen. Genauso wichtig ist es, auch kleine Erfolge zu bestärken und Zuneigung zu zeigen, um evtl. verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen.
Schwierig wird es, wenn die Erziehungsberechtigten den Schwierigkeiten ihres Kindes gleichgültig gegenüberstehen oder den Lehrkräften die komplette Schuld daran zuweisen.
Maßnahmen der Schule:
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Konzept erstellen:
Ein einheitliches schulinternes Konzept über das Vorgehen, wenn Schülerinnen und Schüler schwänzen, schafft Klarheit und Transparenz. Da Schulabsentismus jedoch ein sehr vielschichtiges Problem ist, sollte die Möglichkeit gegeben sein, im Einzelfall individuelle Entscheidungen zu treffen.
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Ansprechpartner bereitstellen:
Wie unten noch erläutert wird, ist es sinnvoll, jemanden aus dem Kreis des Kollegiums als kundigen Ansprechperson zu wählen. Diese kann wichtige Informationen bereitstellen, beispielsweise welche Hilfsangebote von Schulpsychologen, Jugendhilfe und Jugendsozialarbeit in Anspruch genommen werden können.
Was können Lehrerinnen und Lehrer tun:
- Anwesenheit regelmäßig prüfen
- Fehlzeiten dokumentieren
- Gesprächsangebote machen
- Klare Ansagen, was erwartet wird, Regeln und ggf. Konsequenzen mit den Schülerinnen und Schülern vereinbaren
- Bei gegebenem Anlass schnell reagieren und sich mit Schülerinnen und Schülern, Schülereltern und der Schulleitung in Kontakt setzen
- Regelmäßige Elterngespräche
- Voraussetzungen für Erfolgserlebnisse schaffen und die Schülerinnen und Schüler bestärken, wenn sie Aufgaben erfüllt haben
- Interesse und Aufmerksamkeit vermittelt den Schülerinnen und Schülern, dass sie wichtig sind
- In Kontakt treten und diesen aufrechterhalten, z. B. durch regelmäßiges Feedback und Nachfragen
- Besonderes Augenmerk auf „Rückkehrer“ mit Angeboten, die es ihnen erleichtern, wieder in der Klasse anzukommen
In besonders schweren Fällen der Schulverweigerung, die häufig ergriffen werden müssen, wenn die Erziehungsberechtigten nicht auf Kontaktangebote der Schule eingehen, besteht auch der offizielle Weg über die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens aufgrund der Verletzung der Schulpflicht und damit einhergehend das Androhen von Geldbußen. Allerdings ändert dieses Vorgehen nichts an den Ursachen für das Schwänzen.
Behr zum Thema Bußgelder bei Verletzung der Schulpflicht erfahren Sie im Beitrag "Schule schwänzen: Frühstart in die Sommerferien".
Manche Schulen setzen auch auf einen Abholdienst, der es den Schülerinnen und Schüler erschwert, zu schwänzen. Dieser Abholdienst kann z. B. durch eine Schülerpatenschaft geregelt werden. Alle Maßnahmen, die Kinder und Jugendliche beim Schwänzen stören, sollten Sie ergreifen, z. B. umgehendes Nachhaken bei den Eltern im Fall von Verspätungen und Fehlzeiten.
In der Handreichung für Schulen im Umgang mit Schulabsentismus des Landkreises Osnabrück erhalten Sie viele weitere Informationen zu Maßnahmen bei Schulverweigerung.
Vorbeugende Maßnahmen
Eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Schulverweigerung“, den Hintergründen, Warnsignalen und möglichen Maßnahmen erleichtert es, rechtzeitig und adäquat zu reagieren.
Sinnvoll ist es darüber hinaus, wenn die Schule jemanden aus dem Kollegium findet, der sich zum Fachmann (oder zur Fachfrau) auf diesem Gebiet fortbildet und danach als Ansprechperson zur Verfügung steht. In den Fortbildungen werden Themen wie das Erkennen von Warnsignalen, die Gesprächsführung mit den Schülerinnen, Schülern und Eltern sowie der Umgang mit schwierigen familiären Situationen behandelt.
Guter, abwechslungsreicher Unterricht, der auch die Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler mit einbezieht, Lehrerinnen und Lehrer, die einzelne Schülerinnen und Schüler nicht aus dem Blick verlieren und ein positives Schulklima sind natürlich die besten Voraussetzungen für eine geringe Zahl an Schulverweigerern.
Was die Umsetzung erschwert:
Je mehr Aufgaben an Lehrkräfte gestellt werden (wie der verstärkten Übernahme erzieherischer Aufgaben, Inklusion und Integration), desto schwerer ist dies aber umzusetzen. Verschärft wird die Situation noch durch den derzeit akuten Lehrermangel. Fällt es bereits ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen nicht immer leicht, allen Anforderungen gerecht zu werden, ist es für Quereinsteiger, die nun vermehrt an Schulen unterrichten, fast nicht zu leisten.
Dass es nicht weit mehr Schulschwänzer gibt, ist Lehrerinnen und Lehrern zu verdanken, die trotz oft problematischer Umstände ihre Motivation nicht verlieren, schwierige Schülerinnen und Schüler nicht aufgeben und dazu beitragen, dass sie ihre schulische Laufbahn nicht als Schulverweigerer beenden.
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