Tipps gegen Prüfungsangst bei Schülerinnen und Schülern
Fast jeder Schüler und jede Schülerin ist vor Klassenarbeiten etwas nervös oder hat den sprichwörtlichen „Bammel“, weil er oder sie zu wenig Zeit ins Lernen investiert hat. Manchmal geht eine Arbeit auch daneben, weil es zuhause gerade nicht ganz rund läuft, es Probleme mit den Mitschülern gibt oder pubertätsbedingt anderes wichtiger ist, als die Schule.
Gründe für schlechte Schulnoten gibt es viele. Wenn Sie aber bei Schülerinnen und Schülern während schriftlicher oder mündlicher Bewertungssituationen immer wieder fast krankheitsähnliche Symptome wie Schweißausbrüche, Zittern, Schwindel, eine verkrampfte Haltung oder Magenprobleme bemerken, Kinder wie gelähmt sind und Aufgaben nicht lösen, obwohl Sie wissen, dass sie dazu in der Lage wären, leidet sie wahrscheinlich unter Prüfungsangst.
Je nachdem wie stark diese Angst die Schülerin oder den Schüler im Griff hat, kann sie die Leistungen und sogar die gesamte schulische Laufbahn beeinträchtigen. Ist das Problem aber erstmal erkannt, gibt es Möglichkeiten, betroffenen Kindern und Jugendlichen zu helfen.
Welche Schüler sind besonders betroffen?
Besonders gefährdet sind zwei sehr gegensätzliche Gruppen von Lerntypen:
- Schülerinnen und Schüler, die selbst sehr ehrgeizig und perfektionistisch veranlagt sind oder die durch hohe Ansprüche ihrer Eltern unter großem Druck stehen. Sie lernen oft sehr viel, können es aber in der Prüfungssituation nicht abrufen.
- Schülerinnen und Schüler, die sich falsch oder zu wenig auf Prüfungen vorbereiten. Die Angst vor der Klassenarbeit erschwert ihnen schon das Lernen, blockiert die Aufnahmefähigkeit und der Stoff wird so lange vor sich hergeschoben, bis er nicht mehr bewältigt werden kann.
Gemeinsam ist beiden Gruppen, dass sie oft wenig Selbstbewusstsein in Bezug auf die eigene Leistungsfähigkeit haben. Schon mit Bekanntgabe des Prüfungstermins machen sie sich viele Gedanken und Sorgen, plagen sich mit Versagensängsten und den möglichen Folgen eines schlechten Abschneidens: verhauene Klausur = Abschluss in Gefahr = kein Studium/kein guter Job = Leben ruiniert.
Was dann in der Prüfungssituation folgt, ist wie eine selbsterfüllende Prophezeiung: Die Angst vor dem Versagen bewirkt den Misserfolg.
Die schlechten Noten führen zu noch größerem Druck und damit mehr Panik, wodurch erneute Misserfolge vorprogrammiert sind. In schweren Fällen kann dieser Teufelskreis nur noch durch die Hilfe von psychologisch und pädagogisch geschulten Fachkräften durchbrochen werden (Unterstützung bieten beispielsweise die schulpsychologischen Beratungsstellen).
Symptome von Prüfungsangst:
- Körperlich: Herzrasen, Zittern, Schwitzen, Schwindel, Übelkeit, Durchfall, Bauch- und Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit
- Seelisch: Alle Gedanken kreisen um das mögliche Versagen und die Folgen, negative Selbsteinschätzung, depressive Stimmungen, Erinnerungs- und Konzentrationsblockaden
- Gefühlswelt: Panik vor Prüfungen, auch Ärger über das Unvermögen sich aus der Lage zu befreien, Unsicherheit, Hilflosigkeit
- Verhalten: Entweder exzessives Lernen oder Verdrängung der Prüfung und der Notwendigkeit zu Lernen
Tipps für den Kampf gegen die Prüfungsdämonen
Damit dieser Kampf gewonnen werden kann, brauchen Sie die Unterstützung der Eltern. Auf einem Elternabend können Sie die Themen „Prüfungsangst erkennen“ und „Lernstrategien“ auch ohne konkreten Anlass ganz allgemein ansprechen. So wird auch der Blick der Eltern auf das Verhalten ihrer Kinder geschärft und Sie können gemeinsam frühzeitig auf Prüfungsangst reagieren. Vielen Eltern ist auch gar nicht bewusst, dass sie ihr Kind durch bewusstes oder unbewusstes Verhalten unter Leistungsdruck setzen und sind über eine Aufklärung dankbar.
1. Ursachenforschung
Verallgemeinerungen sind hier schwer, da Prüfungsangst viele Auslöser haben kann, die sich oft gegenseitig beeinflussen. Verstärkt wird die Panik noch durch die übermäßige Bewertung der Konsequenzen einer missglückten Arbeit. Ist der Hauptauslöser klar (z.B. fehlende Lernstrategien, zu großer Druck durch eigene hohe Ansprüche bzw. die der Eltern oder Misserfolgserlebnisse, die negative Folgen nach sich zogen, Überforderung), können Sie und die Eltern dort ansetzen.
2. Angst verstehen – nicht ein- oder ausreden
Alles, was erklärbar ist, wirkt gleich weniger bedrohlich und Angst hat auch ihre positiven Seiten!
Nach Meinung von Wissenschaftlern sind unsere Steinzeit-Instinkte schuld an der Panik: Statt dem Säbelzahntiger löst bei den Schülerinnen und Schülern aber die nächste Klassenarbeit Fluchtimpulse aus. Der Körper reagiert auf die vermeintliche Gefahr mit der Ausschüttung von Stresshormonen, die ihn in höchste Alarmbereitschaft versetzen.
War dieser Fight-or-flight-Modus des Steinzeitmenschen bei einer Säbelzahntigerbegegnung durchaus sinnvoll, bringt er Schülerinnen und Schüler mit Prüfungsangst heute ziemlich in die Bredouille: Eine Flucht bzw. das Fernbleiben von der Klausur bietet keine dauerhafte Sicherheit vor der Angstursache; stellen sie sich der Arbeit, erschwert der auf Kampf oder Flucht eingestellte Körper ein ruhiges, konzentriertes Arbeiten ungemein.
Machen Sie den Schülerinnen und Schülern deutlich, dass es absolut normal ist, nervös, angespannt und aufgeregt zu sein. Nur wenn die Panik überhand nimmt und lähmt, gerät die Klausur außer Kontrolle – hier helfen aber die richtigen Lernstrategien und Selbstvertrauen.
3. Lernstrategien
Schülerinnen und Schüler mit Prüfungsangst haben oft keine oder die falschen Lernstrategien. Oberflächlich scheint der Stoff zu sitzen, doch wenn die gelernten Schlagworte nicht auftauchen und man zur Absicherung keinen Blick mehr ins Heft werfen kann, droht der Blackout! Wer weiß, dass er richtig und ausreichend gelernt hat, hat mehr Selbstvertrauen!
Wichtig ist:
- Überblick über den Lernstoff: Vielleicht können Sie etwas Zeit reservieren, um gemeinsam mit betroffenen Schülerinnen und Schülern die Themen und Ihre Erwartungen durchzugehen.
- Rechtzeitig (d.h. etwa eine Woche vor der Klassenarbeit) mit Lernen beginnen! Ein gutes „Lerngewissen“ ist der natürliche Feind der Prüfungsangst. Schwer wird es aber, wenn sich die Klausuren ballen. Haben Sie ein Auge auf den Klassenarbeitskalender, damit es nicht zu viel wird.
- Zeitplan erstellen: Am besten den Stoff in mehrere Häppchen einteilen, die pro Tag gelernt werden sollen, Pausen und Zeit für Wiederholungen einplanen, am Tag vor der Prüfung das Gelernte nur noch wiederholen.
- Lernumgebung: Es sollte halbwegs ordentlich, hell und ruhig sein – das sind die Grundvoraussetzungen!
- Notizen machen: Die wenigsten Schülerinnen und Schüler wissen, wie sie sinnvolle Zusammenfassungen anfertigen können. Dabei sind gute Zusammenfassungen im Prinzip nichts anderes als Spickzettel mit den wichtigsten Informationen zum Lernstoff – nur, dass sie eben zum Lernen und nicht zum Spicken genutzt werden.
- Belohnen: Geschaffte Lernetappen, Einsatz und Willen belohnen, statt Notenerfolge!
- Lernpartner: Wer auf variierende Fragen mit einem freien Vortrag des Prüfungsstoffs antworten kann, gewinnt Sicherheit, wird selbstbewusster und kann das Wissen auch in der Klausur abrufen. Lernpartner machen auf Fehler aufmerksam und ergänzen ihr Wissen gegenseitig – so werden keine Fehler mitgelernt oder wichtige Aspekte vergessen. Statt den eigenen Eltern, mit denen sich die Schüler beim gemeinsamen Lernen oft in die Haare kriegen, sind Freunde, Mitschüler oder Nachhilfelehrer als Lernpartner geeigneter.
- Ausreichend schlafen!
- Energie tanken: Ein gutes Frühstück und z.B. Bananen oder Nüsse als Snack beugen Leistungstiefs vor.
- Bei sich bleiben: Nicht von den Mitschülern verrückt machen lassen! Prüfungsängstliche Schülerinnen und Schüler sollten in diesen Situationen nicht nebeneinander sitzen.
- Während der Prüfung: Überblick verschaffen (viele Schüler profitieren davon, wenn Sie die Fragen kurz durchgehen und auf eventuelle Schwierigkeiten und Besonderheiten hinweisen), erinnern Sie die Schüler immer wieder daran, sich die Fragen gut durchzulesen (!!), leichte Aufgaben zuerst, alles aufschreiben, was wichtig erscheint.
Auf der Seite der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung finden Sie noch mehr Lerntipps gegen Prüfungsangst.
Von diesem Wissen kann die ganze Klasse profitieren! Vielleicht besteht die Möglichkeit, alle Schüler an einer „Lernfortbildung“ teilnehmen zu lassen.
4. Weniger Druck
Eine schlechte Note ist kein Weltuntergang – das ist für Kinder mit Prüfungsangst aber nur schwer zu glauben. Verzichten Sie, soweit möglich, auf die Auswirkungen einer Arbeit hinzuweisen. Die Themen Noten und Prüfungen sollten Sie auf ein Minimum zurückschrauben. Auch das Abfragen an der Tafel vor allen Mitschülern lässt den Stresspegel steigen.
Um den Druck zuhause zu drosseln, können Sie den Eltern raten, möglichst auf Stimmungsextreme zu verzichten. Denn häufig herrscht bei guten Noten Partylaune und bei schlechteren Ergebnissen gibt es Trauerminen, Enttäuschung, Ärger oder Extra-Lerneinheiten.
Auch Eltern müssen lernen, gelassener auf Prüfungsergebnisse zu schauen und keine Leistungen zu erwarten, die ihr Kind realistisch gesehen nicht erbringen kann. Klassenarbeiten sind ein Mittel, um den Wissensstand der Schüler zu überprüfen und deshalb nicht unwichtig. Sie entscheiden aber nicht über das Lebensglück eines Kindes! Das Wissen, dass die Eltern es lieben, egal wie diese Wissensüberprüfung ausfällt, schon eher!
5. Gewöhnung
Haben Sie ein paar alte Klausuren im Schrank, die Sie zum Simulieren von Klassenarbeiten an Schülerinnen und Schüler mit Prüfungsangst herausgeben können? Ohne die Angst vor bösen Konsequenzen und Druck sehen die Schülerinnen und Schüler, dass die neuen Lernstrategien Erfolge zeigen und dass sie es schaffen können. Gewöhnt an die Art der Aufgabenstellung, dem Abarbeiten der Fragen in einer bestimmten Zeit und mit Erfolgserlebnissen im Rücken, gewinnen die Kinder Sicherheit und die eigentliche Prüfung verliert viel von ihrer Bedrohlichkeit.
6. Positive „Gedankenmanipulation“
Schuld an der Misere betroffener Schülerinnen und Schüler sind oft negative Gedanken, die eine gesunde Anspannung in Panik umschlagen lassen und die Leistungsfähigkeit blockieren. Wer ständig „Das schaffe ich nie!“, „Das kann ich nicht!“ oder „Ich werde wieder versagen!“ denkt, wird keine gute Note bekommen.
Also besser: „Es ist nicht einfach, aber ich schaffe das!“, „Ich habe gelernt. Ich kann das!“ und „Selbst wenn es keine zwei wird, ist es halb so schlimm“. Die Motivationssätze können wie ein Mantra immer wieder gesagt und gedacht werden. Wer mag, schreibt sie sich auf ein Plakat und klebt es sich über das Bett ;)
7. Entspannung
Entspannungstechniken wie autogenes Training, Yoga oder progressive Muskelentspannung können auch Kindern und Jugendlichen helfen, den Stress im Zaum zu halten und die Konzentrationsfähigkeit zu steigern. Kurse bieten beispielsweise Krankenkassen oder Volkshochschulen an. Anderen hilft Sport dabei, den Stresslevel in Lernphasen herunterzuschrauben.
Gerade am Tag vor der Prüfung ist Bewegung eine gute Idee, um müde ins Bett zu fallen und gar nicht auf die Idee zu kommen, zu lange zu grübeln. Wen der Gedanke an Sport jedoch schon unter Stress setzt, sollte vielleicht besser ein gutes Buch lesen oder entspannende Musik hören, um den negativen Gedanken den Kampf anzusagen.
Literatur
- Rainer Ammel: Gute Noten ohne Stress: Ein Lehrer verrät die besten Tipps und Tricks, um das Gymnasium erfolgreich zu bestehen, Heyne Verlag.
- Leistungsangst Prävention
- FU Berlin: Prüfungsangst verstehen und bewältigen
Diese Tipps steigern den Lerneffekt:
Häufig gestellte Fragen
Was ist Prüfungsangst?
Prüfungsangst ist die Angst vor einer Bewertung der eigenen Leistung in einer Prüfungsumgebung. Sie hindert die Betroffenen in einer solchen Situation daran, Wissen abzurufen.
Wie erkenne ich Prüfungsangst?
Die Symptome können sich auf verschiedene Art äußern: körperlich (z. B. Schwitzen, Schwindel, Übelkeit, Durchfall, Bauch- und Kopfschmerzen), seelisch (Konzentration auf das mögliche Versagen, depressive Stimmungen, Erinnerungs- und Konzentrationsblockaden), Gefühlswelt (Panik vor Prüfungen, Unsicherheit, Hilflosigkeit), Verhalten (exzessives Lernen oder Verdrängung der Prüfung)
Was kann ich gegen Prüfungsangst tun?
- Ursachen ergründen
- Lernstrategien einüben
- Druck verringern
- Prüfungssituationen üben
- Entspannungsübungen
Warum hat man Prüfungsangst?
Die Gründe sind vielfältig. Oft ist ein hoher Druck von außen oder durch die Schülerinnen und Schüler selbst ein Faktor. Selbstkritische und perfektionistische Menschen leiden häufig darunter. Fehlende oder falsche Lernstrategien können ebenso eine Rolle spielen.
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