Märchen im Kindergarten
Märchen sind Kulturgut und gleichzeitig umstritten. Wie Märchen am besten in den Kindergartenalltag integriert werden, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Das erfahren Sie in diesem Beitrag
Häufig gestellte Fragen
Welche pädagogischen Elemente sind mit Märchen verbunden?
Das Hören und Erleben von Märchen fördert im Kindergartenalter unter anderem kognitive Kompetenzen, Literacy, Wertevermittlung, und die sozial-emotionale Entwicklung. Das Zuhören, Konzentrieren und das Hineinversetzen in die handelnden Personen oder Tiere sowie das Entschlüsseln der Textinhalte bieten schon Kleinkindern eine Vielzahl an Entwicklungsmöglichkeiten.
Sind Märchen schädlich für Kinder?
Traditionelle Märchen sehen sich in der heutigen Zeit scharfer Kritik ausgesetzt. Veraltete Rollenbilder (die Prinzessin, die auf den Prinzen wartet, der sie endlich erlöst), Gewalt und Grausamkeit (die Hexe, die in den Ofen geworfen wird, um dort zu verbrennen) sind nur einige der kritisierten Inhalte. Empirische Beweise, welche die Schädlichkeit von Märchen für die kindliche Entwicklung belegen, sind in der Forschung umstritten.
Welche Märchen eignen sich für den Kindergarten?
Das Erzählen von Märchen in Krippe, Kindergarten und Kita sollte auf das Alter und die Konzentrationsfähigkeit der Kinder abgestimmt sein. Für jüngere Kinder eignen sich zum Einstieg kurze Märchen mit leichteren Inhalten (z. B. Der süße Brei oder Die Wassernixe). Für Kinder, die bereits Erfahrungen mit Märchen haben, eignen sich längere Geschichten mit komplexeren Inhalten (z. B. Die Bremer Stadtmusikanten).
Welche Märchenarten gibt es?
In der Forschung wird zwischen Volksmärchen (zunächst mündlich überlieferten Erzählungen, die verschriftlicht wurden) und Kunstmärchen (einem Autor oder Verfasser genau zugeordneten Texte) unterschieden. Verwandte, oft kürzere Geschichten sind die Fabel, die Sage und der Schwank.
Das Märchenerzählen
Ob als kurzer Abschnitt im Morgenkreis oder als gemeinsames Erlebnis in der Leseecke, das Vorlesen oder Erzählen von Märchen sowie das gemeinsame Eintauchen in fantastische Welten gehört für die Kinder zum Alltag in Kita oder Kindergarten. Die, im Jahr 2020 veröffentlichte, Vorlesestudie der Stiftung Lesen malte ein düsteres Bild des gemeinsamen Lesens in den Familien: „Rund 32 Prozent der Eltern in Deutschland lesen ihren Kindern selten oder nie vor (…)“. Gerade diese bedrückenden Zahlen machen das Lesen und Erzählen in den Kindertageseinrichtungen noch wichtiger. Bei den gemeinsam gelesenen Geschichten muss es sich natürlich nicht ausschließlich um Märchen handeln, deren Motive immer häufiger heftiger Kritik ausgesetzt sind. Märchen bieten – trotz zuweilen polarisierender Inhalte – Erzieherinnen und Erziehern die Möglichkeit, Kinder in eine andere Welt mitzunehmen. Existenzielle Fragen des Zusammenlebens in der Gesellschaft werden ebenso thematisiert wie viele fantastische Inhalte, die zunächst einmal nichts mit der Realität zu tun haben.
Zudem lassen sich Märchen auf unterschiedliche Arten erzählen und bieten so – je nach Situation – auch visuell unterstützt, Sprechanlässe für die kleinen Zuhörer in Kindergarten und Kita.
Vorlesen: Das Bild eines Erwachsenen, der mit einem Buch auf dem Schoß, umringt von Kindern, ein Märchen vorliest, ist sicher die gängigste Assoziation, wenn von Märchen gesprochen wird. Die Vorteile liegen bei dieser Art der Märchenvermittlung auf der Hand: Die Nähe beim Vorlesen schafft ein Gefühl der Geborgenheit und Ruhe. Bilder können direkt in dem vorgelesenen Buch betrachtet werden. Das Medium Buch wird als Tor zu anderen, neuen Welten erkannt und gefestigt.
Freies Erzählen: Mit dieser Art des Märchenerzählens bewegt sich der Vortragende sehr nah an den Ursprüngen der Märchen – sind gerade die Volksmärchen doch aus mündlichen Überlieferungen entstanden, die von Generation zu Generation weitererzählt wurden. Auch diese Art des Vortragens bietet Vorteile: Sie ist auch für größere Gruppen geeignet. Die Konzentration der Kinder fokussiert sich auf die Stimme des Erzählers, der Erzählerin. Blickkontakt zu den Kindern lässt sich während des freien Erzählens leichter herstellen, um die Reaktionen auf das Märchen zu erfassen.
Handpuppen: Auch der Einsatz von Handpuppen ist nicht unüblich, wenn in Kindergärten das Thema Märchen behandelt wird. Handpuppen bieten den Kindern eine visuelle Unterstützung, um das Gehörte einzuordnen. Das Text-Sinn-Verständnis wird gefördert und kritische Situationen in den Märchen verlieren durch farbenfroh gestaltete Handpuppen leichter ihren Schrecken.
Kamishibai: Das Märchenerzählen mit Hilfe eines Kamishibai verbindet das freie Erzählen mit Bildern, die für ein besseres Verständnis der Handlung sorgen. Für den Morgenkreis oder eine Erzählstunde am Nachmittag eignen sich die großformatigen Abbildungen, die in einem Holzrahmen aufgestellt werden und somit für alle Kinder gut sichtbar sind.
Nach dem Erzählen oder Vorlesen des Märchens bietet sich eine Gesprächsrunde mit den Kindern an. Fragen zu dem eben Gehörten und Kommentare werden gehört, beantwortet und diskutiert. Der Märchentext dient hier als Sprechanlass. Außerdem lernen die Kinder, ihre eigene Meinung in einem wertungsfreien Umfeld zu äußern. Der Dialog steht hier im Vordergrund und sollte keinem engen Zeitplan unterliegen.
Pro und Contra von Märchen im Kindergarten
Traditionelle Volksmärchen stehen in der heutigen Zeit aus vielen Gründen in der Kritik von Eltern und Pädagogen. Allerdings bietet der Einsatz von Märchen in Kindergarten und Kita auch viele Möglichkeiten zur gezielten pädagogischen Förderung. Eine kritische und realitätsnahe Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen der Volksmärchen sollte daher von den pädagogischen Fachkräften angestrebt werden.
Vorteile und Förderaspekte von Märchen:
- Schulung von Textverständnis und Sinnerfassung
- Sprechanlässe
- Wertevermittlung
- Stärken der sozial-emotionalen Entwicklung / Empathie
- Kognitive Kompetenzen
- Fantasiefähigkeit
- Märchen als Element der Tradition und Kultur erleben
Kritische Aspekte im Umgang mit Märchen:
- Veraltete Rollenbilder
- Figuren sind eindimensional und vermitteln Klischees
- Grausame Handlungsinhalte
- Realitätsferne durch erfundene Tiere und Welten
Das Für und Wider der traditionellen Volksmärchen spaltet die Fachwelt, Bildungseinrichtungen und auch Familien. Im Vordergrund sollten daher der Spaß am gemeinsamen Lesen und die anschließende Auseinandersetzung mit dem Gehörten stehen. Im Gespräch mit den Kindern kann auf kritische Inhalte eingegangen werden, um deren Problematik auch für die Kinder erkennbar zu machen.
Märchenprojekt: Die Märchendecke
Eine schnelle Idee mit Alltagsmaterial, die sich gerade für den Einsatz in Kindergarten und Kita anbietet, ist die Märchendecke. Farbige Tücher werden auf dem Boden ausgebreitet und mit Figuren, Naturmaterial oder anderen Dingen bestückt. Eine Schlüsselszene aus dem Märchen wird so visuell gestaltet und lädt die Kinder zum Entdecken und Spielen ein. Das reine Vorlesen erhält auf diese Weise eine weitere, aktive Dimension.
Märchen mal anders
Für diese Aktivität eignet sich ein Märchen, das die Kinder bereits kennen. Einzelne Worte werden nun aus dem Märchen entfernt und durch andere Begriffe (auch auf Zuruf durch die Gruppe) ersetzt. So entstehen lustige Varianten einer bereits vertrauten Geschichte. :)
Quellen:
maerchenpaedagogik.de/index.php
Gabi Koppehele. Handbuch Märchen. Basiswissen zur zeitgemäßen Gestaltung von Märchen. Auer Verlag, AAP Lehrerfachverlage GmbH, Donauwörth
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