WhatsApp-Nutzung in der Schule: Der Klassenchat
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Noch gestern in der letzten Stunde war es um die Stimmung in der Klasse doch bestens bestellt. Warum sieht es mit Beginn des neuen Schultags ganz anders aus? Schon ein flüchtiger Blick in die Gesicherter der Schülerinnen und Schüler lässt heute einen Wetterumschwung im Klassenklima unschwer erkennen.
Fast jede Klasse hat einen Klassenchat
WhatsApp ist in der Altersgruppe der 12- bis 19-Jährigen sehr beliebt (JIM-Studie 2020 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest): 87 % der befragten Kinder gaben an, in einer WhatsApp-Klassengruppe zu sein. Die KIM-Studie von 2020 zeigte, dass dies bereits für 53 % in der Gruppe der 6- bis 13-Jährigen gilt.
Eigentlich ist der Messengerdienst erst ab 16 freigegeben, nur mit Einverständnis der Eltern ist eine frühere Nutzung offiziell möglich. Trotzdem gibt es spätestens ab der fünften Stufe in fast jeder Klasse einen Klassenchat.
WhatsApp bietet sich dafür auch ideal an: Es ist kostenlos, unkompliziert in der Nutzung und bietet sich für Gruppenchats perfekt an.
Klingt doch gar nicht schlecht, oder?
Kritik und WhatsApp-Alternativen
Die Kritik an WhatsApp richtet besteht v. a. aus Datenschutzgründen. Der Dienst gilt als nicht DSGVO-konform, weshalb er von Lehrkräften dienstlich nicht genutzt weden sollte. In einigen Bundesländern ist Lehrerinnen und Lehrern die Nutzung untersagt.
Im August 2016 änderte WhatsApp seine Datenschutzbestimmungen: Facebook als Eigentümer von WhatsApp erhält seitdem Daten, wie die Telefonnummer, Namen und Standort. 2021 gab es ein erneutes Update der Datenschutzbestimmungen mit dem Ziel Facebook und WhatsApp noch enger zu verbinden und Daten auszuwerten.
Die Frage nach alternativen Messenger-Diensten wird u. a. aufgrund dessen häufig gestellt.
Einen besseren Ruf in Sachen Datenschutz haben die Messenger-Dienste Threema, das weitgehend anonym genutzt werden kann, oder Signal. Da diese Dienste aber viel seltener genutzt werden, läuft es bei den meisten Klassen doch auf WhatsApp hinaus.
Wenn Schulen für die Kommunikation und den Datenausstausch mit Kolleginnen und Kollegen, Schülereltern, Schülerinnen und Schülern Messengerdienste nutzen möchten, kommen eigentlich nur kostenpflichtige Anbieter wie beispielweie SchoolFox oder Stashcat infrage, die eine datenschutzkonforme und abhörsichere Kommunikation gewährleisten.
Für was wird der Klassenchat genutzt?
Im Klassenchat können sich die Schülerinnen und Schüler über alles austauschen, was ihnen gerade auf dem Herzen liegt. Schulisches und Privates vermischen sich dabei oft.
Dauerbrenner in Klassengruppen ist alles rund um die Hausaufgaben (von „Was war auf?“ bis hin zu Fotos der gelösten Aufgaben), anstehende Termine und Klassenarbeiten. Fotos und Videos werden herumgeschickt (neben Bildern des letzten Ausflugs auch allerlei anderes, das der jeweilige Absender lustig oder interessant findet).
Es wird z.B. darüber diskutiert, was in der Schule passiert, wie die Wochenendpläne aussehen, welches Computerspiel gerade gespielt wird. Viele schreiben auch ihre Meinung über Mitschülerinnen und Mitschüler und natürlich über Lehrerinnen und Lehrer. Beschwerden und Lästereien sind dabei leider nicht selten.
Neben dem mangelnden Datenschutz gibt es im Bereich Klassenchats deshalb einige weitere Kritikpunkte.
Klassenchats können sich auf den Unterricht und das Klassenklima auswirken
So ideal ein Klassenchat ist, um sich in Klassengruppen zusammenzuschließen und auszutauschen, so ideal ist es auch dabei, Ansatzpunkte für Unstimmigkeiten und Streit bis hin zu Mobbing zu liefern:
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Ausgrenzung:
Wer nicht Teil der Klassengruppe ist, ist außen vor. Betroffen sind Schülerinnen und Schüler, die kein Smartphone haben, WhatsApp nicht nutzen dürfen oder wollen und Schülerinnen und Schüler, die von den Gruppeninitiatoren nicht eingeladen oder hinausgeworfen wurden. -
Lästereien und Mobbing:
Werden über WhatsApp abwertende oder bewertende Kommentare oder Fotos, Beleidigungen, Gerüchte und Unwahrheiten gepostet, verbreiten sich diese schnell. Mehr zum Thea Mobbing und Cyber-Mobbing erfahren Sie im Betzold Blog-Beitrag „Wenn alle gegen einen stehen“. -
Die ganze Klasse liest mit:
Streit zwischen Schülerinnen und Schülern kann es bereits wegen Kleinigkeiten geben: Man fühlt sich übergangen, gegenüber anderen zurückgesetzt oder es erfolgt keine Reaktion auf den eigenen Post. Sofern nicht deaktiviert, sieht die gesamte Klasse, wann wer zuletzt online war, ob Nachrichten gelesen wurden und natürlich jeden geschriebenen Kommentar. -
Druck:
Schnelle Reaktionen sind ein Vorteil der App. Die Kehrseite ist allerdings, dass man, aus Angst, nichts zu verpassen, ständig auf das Handy schaut, sobald der charakteristische WhatsApp-Ton erklingt. Und ist der Post erstmal gelesen, lastet der Druck auf den Schülerinnen und Schülern, möglichst schnell zu antworten. -
Nachrichtenflut:
Jeder in der Gruppe kann/muss mitlesen. Viele Schülerinnen und Schüler sind von der Menge der Posts genervt. Vieles betrifft sie nicht direkt, ist aus ihrer Sicht nicht lustig, belanglos oder einfach nur dämlich (wie Kettennachrichten).
Den Schlaf rauben Nachrichten um 2 Uhr am Morgen mit dem Inhalt „Wer ist noch wach?“ oder „Mir ist langweilig!!!“.
Nach zwei Urlaubswochen ohne WhatsApp können Schülerhandys beim Wiedereinschalten schon mehrmals hintereinander abstürzen, da sie der Flut von über 1000 eingegangenen WhatsApp-Nachrichten inklusive Bildern und Videos nicht Herr werden. -
Hochproblematische Inhalte
In einem öffentlichen Elternbrief berichtet der Beauftragte für Medienerziehung an der Gutenbergschule Wiesbaden, dass es immer wieder zu hochproblematischen, sogar strafrechtlich relevanten, Inhalten in Klassengruppen komme. Darunter fallen "rassistische, extremistische, gewaltverherrlichende, pornographische und sogar kinder- und jugendpornographische (darunter fallen auch intime private Aufnahmen von SchülerInnen) Inhalte".
Mögliche Folgen sind - mal abgesehen von den strafrechtlichen Folgen des letzgenannten Punktes - unter der Oberfläche schwelende Unstimmigkeiten bis hin zu offenem Streit. Nicht zuletzt leidet darunter der Unterricht. Zum einen ist die Stimmung in der Klasse schlecht, was das Lernen erschwert, zum anderen geht für die Klärung der Probleme Unterrichtszeit verloren.
Klassenchat im Unterricht thematisieren
Als Lehrerinnen und Lehrer können Sie den Klassenchat nicht verbieten. Also besteht nur die Möglichkeit, damit umzugehen.
Um die Probleme, die in Verbindung mit einem WhatsApp-Klassenchat auftreten können, einzudämmen und die Chance zu erhöhen, dass sich die Kinder Hilfe bei Erwachsenen suchen, ist es sinnvoll, dem Thema eine Unterrichtseinheit zu widmen.
Ein durch Sie angeleitetes Gespräch ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern zudem, die eigene WhatsApp-Nutzung zu reflektieren.
Holen Sie aber auch die Eltern z. B. durch einen Elternbrief oder die Thematisierung während eines Elternabends mit ins Boot. Anders als Sie dürfen Erziehungsberechtigte das Smartphone und die Inhalte des Klassenchats kontrollieren. Auch wenn die Schule durch Aufklärung und Präventionsarbeit unterstützen kann, tragen letztendlich die Eltern die Verantwortung für das Verhalten ihrer Kinder im Klassenchat.
Wie eine solche Unterrichtseinheit aussehen kann, zeigt z. B. der Onlinekurs „Mit Respekt im Klassenchat“ des Mentorenprogramms „Digitale Helden“ für zwei oder sechs Schulstunden.
Hier einige Anregungen, was Sie in einer WhatsApp-Unterrichtseinheit ansprechen können. Wenn Sie besser einschätzen können, wie die Schülerinnen und Schüler die App nutzen und welche konkreten Probleme es immer wieder gibt, fällt es leichter, Lösungsansätze zu finden:
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Wie nutzen die Schülerinnen und Schüler WhatsApp:
Machen Sie sich ein Bild, wie viele Schülerinnen und Schüler die App nutzen und was ihnen an WhatsApp besonders gefällt. -
Wie nutzen die Schülerinnen und Schüler den Klassenchat:
Wofür wird der Klassenchat genutzt und gibt es Punkte, die stören? Wurden bereits Nutzungsregeln festgelegt? -
Wer ist im Klassenchat:
Sind alle Teil des Klassenchats? Warum sind manche nicht dabei? -
Nachrichten:
Wie viele Nachrichten gehen im Schnitt täglich ein? Wird auch nachts gechattet? Stört die Menge der Nachrichten oder die Zeiten zu denen sie eingehen?
Im Beitrag "Sinnvolle WhatsApp-Einstellungen und Regeln für die Klassengruppe“ nehmen wir die WhatsApp-Einstellungen unter die Lupe und stellen sinnvolle Regeln für die Nutzung des Klassenchats vor.
Quellen:
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