Klassenarbeiten erstellen: Gut vorbereitet ist halb korrigiert
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Wer gerade am Anfang seiner Lehramtslaufbahn steht, wirft häufig einen sehnsüchtigen Blick auf den lang erarbeiteten, reichhaltigen Pool an Unterrichtsmaterialien und Klausuraufgaben der arrivierten Kolleginnen und Kollegen.
Doch auch unter den Beneideten gibt es den ein oder anderen, der noch nicht komplett zufrieden mit seinem System ist. Für alle, die sich zu einer dieser Gruppen zählen oder das Gefühl haben, dass die Konzeption ihrer Klassenarbeiten einen extrem hohen Korrekturaufwand nach sich zieht, haben wir hier ein paar Tipps zusammengefasst.
Das Ziel dabei ist klar: Durch angemessene und faire Aufgaben soll in der Klassenarbeit das Leistungsniveau der Schüler ermittelt werden. Die Beurteilung durch Sie ist dabei idealerweise transparent und konstruktiv.
Der Weg dahin wird weit weniger steinig, wenn Sie die Arbeit gut vorbereiten und im Hinblick auf die Korrektur, Punkteverteilung und den Erwartungshorizont vorab gut durchdacht haben.
Klassenarbeiten erstellen
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Aufgaben:
Gute Aufgaben repräsentieren und gewichten die im Unterricht erarbeiteten Lerninhalte und -ziele.
Dabei sollten die Aufgaben unterschiedliche Anforderungsniveaus widerspiegeln (Wissen reproduzieren, anwenden und Transferleistungen erbringen durch Erläutern, Beschreiben, Hypothesen aufstellen, Interpretieren …).
Mit einer Mischung aus einfacheren Fragen und höher gesteckten Anforderungen können Sie das Leistungsniveau der Schülerinnen und Schüler ermitteln.
Gerade wenn das eigene Repertoire an Klausuraufgaben noch nicht allzu groß ist, ist es kein Fehler, bereits bei der Planung und während der Unterrichtseinheit geeignete Aufgaben sozusagen zur Seite zu legen. Gleichzeitig können Sie „baugleiche“ Fragen schon mit den Schülerinnen und Schülern üben.
Der Vorteil: Das gute Gefühl, schon etwas getan zu haben, später Zeit sparen und die Vermeidung von Stresssituationen, wenn Sie feststellen müssen, dass Sie die besten Fragen bereits im Unterricht „verbraucht“ haben.
Alte Klassenarbeiten werden natürlich nicht weggeworfen! Sie sind die Material-Quelle künftiger Arbeiten. Das Schlüsselwort heißt „variieren“!
Schülerinnen und Schüler haben es im Handumdrehen raus, welche Lehrerinnen und Lehrer dazu neigen, Klausuren komplett zu übernehmen. Mit Hilfe kleiner Umformulierungen und Aufgaben aus verschiedenen Klassenarbeiten umgehen Sie dieses Risiko.
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Aufgabenformen:
Sie haben die Wahl zwischen geschlossenen, halboffenen und offenen Fragestellungen.- Bei der geschlossenen Form sind bereits Antwortmöglichkeiten vorgegeben (z.B. Multiple Choice-Fragen, Zuordnungsaufgaben). Diese Form prüft die Reproduktionsleistung Ihrer Klasse, ist von diesen in kurzer Zeit zu bewältigen, kann aber zum Raten verleiten. Die Konzeption ist zeitaufwendig, spart aber wiederum Korrekturzeit.
- Halboffen gestellte Aufgaben sind mit einem kurzen Satz, einem Wort oder einer Zahl, zu beantworten (Lückentexte, Ergänzungsaufgaben). Sie sind ebenfalls korrigierfreundlich und der Aufwand für die Konzeption liegt im Mittelfeld.
- Bei offen gestellten Aufgaben erwarten Sie von den Schülerinnen und Schülern umfassende, eigenständig formulierte Lösungen (Aufsätze, Interpretationen, Begründungen). Für die Bearbeitung dieses Aufgabentyps benötigen Schüler am meisten Zeit. Sie selbst haben beim Erstellen wenig und beim Korrigieren viel Arbeit, da die Schüler individuell und kreativ formulieren sollen. Die Antworten sind deshalb schwer vergleichbar und eine möglichst objektive Bewertung erfordert Zeit.
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Mischen:
Eine Mischung der Aufgabenformen kommt den Schülerinnen und Schülern und Ihnen entgegen. Am besten mischen Sie auch beim Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand gut durch. Die schwierigste Aufgabe sollte v.a. nicht ganz am Anfang stehen (Sie wollen ja keine Panik verursachen). -
Zeit:
Hier gilt, lieber noch zehn Minuten Puffer zu viel, als zwei Minuten zu wenig einbauen.
Es liegt in Ihrer Verantwortung, dass die Klasse ihre Leistung ohne Zeitnot zu Papier bringen darf. Haben die Schüler Panik, dass die Zeit nicht reicht, steigt die Nervosität und die Konzentration lässt nach. Außerdem müssen Sie sich im Anschluss mit (noch mehr) schwer leserlichen und vor Fehlern wimmelnden Arbeiten herumschlagen. -
Formalien:
Wenn die Schülerinnen und Schüler direkt auf das Aufgabenblatt schreiben müssen, sollten Sie unbedingt Felder für Namen, Datum, Nummer der Klassenarbeit, Ihren Namen und das Fach einfügen. Ein motivierendes Bild oder ein witziger Spruch schaden auch nicht. -
Übersichtlichkeit:
Vielen Fragen und Missverständnissen beugen Sie durch eine übersichtliche Gestaltung und Gliederung der Klassenarbeit vor. Formulieren Sie möglichst einfach, nicht zu verschachtelt oder mehrdeutig. Die Schülerinnen und Schüler sollten auf einen Blick erkennen, wie viele Aufgaben Sie erledigen müssen oder welche Informationen besonders wichtig sind (unterstreichen, „fett“ schreiben, in eine Überschrift packen).
Mit eingeführten Signalwörtern (beschreibe, interpretiere, zeichne, diskutiere, beschrifte, fülle aus …) erkennen die Schülerinnen und Schüler schneller, was erwartet wird. Je länger eine Aufgabe ist und desto mehr Platz sie auf dem Arbeitsblatt einnimmt, umso wichtiger, schwieriger und aufwendiger wirkt sie auf die Kinder. -
Korrekturleser:
Bei den ersten selbst erstellten Klassenarbeiten ist es nicht schlecht, die Meinung eines Bekannten einzuholen (idealerweise ist sie oder er fachfremd, nicht im Schuldienst und muss bei kritischen Äußerungen keine Repressalien von Ihnen erwarten …). Außenstehende sehen oft viel besser, ob Sie nicht klar und prägnant formuliert haben oder etwas missverständlich bzw. unübersichtlich ist.
Vor der Klausur
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Termin:
Denken Sie bei der Terminvergabe an die Klasse, aber auch an sich!
Kündigen Sie der Klasse die Termine rechtzeitig an. Ein Zeitpunkt etwa drei, aber mindestens zwei Wochen davor ist günstig (auch wenn Sie ahnen, dass die meisten erst zwei Tage vorher in die Bücher schauen …). Sicherheitshalber sollten Sie Ihre Schülerinnen und Schüler eine Woche vor der Klausur nochmals an das näherkommende Ereignis erinnern.
Werfen Sie einen Blick in den Klausurenkalender. Die Schülerinnen und Schüler sollten nicht zu viele Arbeiten pro Woche schreiben müssen. Zwei sind ok, in Ausnahmefäälen sind auch drei möglich. Der Druck auf die Schülerinnen und Schüler v.a. bei lernintensiven Fächern ist dann jedoch schon hoch und das Murren der Klasse ist in solchen Fällen nicht ganz unbegründet.
Schauen Sie aber auch in Ihren Kalender: Ballen sich die Klausurtermine zu bestimmten Zeiten, kommt auch eine geballte Korrekturaufgabe auf Sie zu!
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Bekanntgabe des klausurrelevanten Stoffs:
Reservieren Sie Zeit für die Bekanntgabe und Besprechung der klausurrelevanten Themen. Geprüft wird natürlich nur das, was im Unterricht ausgiebig behandelt wurde. Das macht den Schülerinnen und Schülern nochmals klar, worauf es ankommt und bietet die Chance, offengebliebene oder neu aufgekommene Fragen zu klären.
Vorbereitung auf die Durchführung der Klassenarbeit
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Klare Ansagen:
Was passiert, wenn Sie einen Schülerinnen und Schüler beim Abschreiben oder Schummeln erwischen? Welche Hilfsmittel (Taschenrechner, Formelsammlung …) sind erlaubt? Wie gehen Sie mit Informationen auf Konzeptpapier um?
Nie schlecht ist der Hinweis, die Fragen genau durchzulesen – auch wenn es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, lässt Prüfungsnervosität sogar noch Studenten die wichtigen Informationen in einer Aufgabe übersehen oder falsch verstehen. Alles, was Sie vorab klären, erspart Ihnen im Nachhinein Diskussionen. -
Arbeitsanweisungen und Erwartungen formulieren:
Viele Kleinigkeiten können Sie direkt in die Klausur packen: Sind Mehrfachantworten bei Multiple Choice-Fragen möglich? Genügen Stichworte oder erwarten Sie ausformulierte Sätze? Was tun, wenn das Falsche markiert wurde?
Befürchten Sie aber, dass Ihre Schützlinge die Besonderheiten oder bestimmte Erwartungen zu einer Aufgabe nicht gleich erfassen, weisen Sie die Klasse schon im Voraus darauf hin (am besten vor dem Austeilen, denn sonst bekommt es die Hälfte nicht mit und Sie beantworten die Frage fünfmal). Manchmal ist es sinnvoll, die gesamte Arbeit kurz gemeinsam durchzugehen. Die Schülerinnen und Schüler wissen dann, was auf sie zukommt und können besser einschätzen, welche Aufgaben zeitaufwendig werden.
Vorbereitung auf die Korrektur
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Erwartungshorizont:
Ja, Musterlösungen zu erarbeiten kostet Zeit und Mühe – Sie sparen beides aber wieder bei der Korrektur und können Ihre Punktevergabe gegenüber den Schülern (und sich selbst) besser begründen. Beim Lösen der Aufgaben werden Ihnen manche Unstimmigkeiten und missverständliche Formulierungen erst klar und können behoben werden. Sie sollten dafür auch nur einen Bruchteil der den Schülern zur Verfügung stehenden Zeit benötigen – sonst ist etwas schiefgelaufen.
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Punkteverteilung:
Geben Sie die pro Aufgabe zu erreichenden Punkte bereits auf der Klassenarbeit an, haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit zu sehen, in welche sie besser mehr Mühe stecken sollten. Auf der anderen Seite sind Sie dadurch festgelegt – auch wenn Sie z.B. einmal das Schwierigkeitsniveau einer Aufgabe unterschätzt haben.
Bis zur Oberstufe die Punkte lieber auf mehrere kürzere Aufgaben zu verschiedenen Themen und Problemstellungen verteilen.
Für aufwendige und schwere Aufgaben gibt’s die meisten Punkte, dann wird abgestuft. Für die Korrektur gilt in der Regel: Je mehr Punkte, umso mehr Korrekturaufwand. Haben Sie in Ihrem Erwartungshorizont vier wichtige Informationen festgelegt, macht es wenig Sinn, 16 Punkte anzusetzen und sich dann den Kopf zu zerbrechen, ob eine Antwort leicht besser oder leicht schlechter als die andere war. Acht Punkte reichen in diesem Fall zur Abstufung völlig.
In manchen Fächern ist es sinnvoll, differenziert zu bewerten. Lassen Sie die Schüler dann ruhig wissen, dass nicht nur Punkte für richtige Inhalte, sondern z.B. eben auch für eine stringente Argumentation, Rechtschreibung oder Stil zu erzielen sind.
Damit es transparent bleibt, die Punkte lieber getrennt angeben (z.B. Inhalt: 2 Punkte, Argumentation: 1 Punkt). Die Schüler sehen so, dass sie vielleicht die Fakten gut gelernt haben, aber die Argumentation nicht schlüssig oder die Rechtschreibung eine Katastrophe ist. Auch Sie selbst werden die Punkte bei der Korrektur sicherer und damit auch schneller vergeben können.
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Notenschlüssel:
Machen Sie es sich nicht zu schwer und passen Sie die zu erzielende Punktezahl der Notenskala an (d.h. die Punktezahl ist durch „sechs“ oder für Sekundarstufe II durch 15 teilbar ;-) ). Klappt das nicht, gibt’s inzwischen taugliche Notenschlüsselrechner im Netz, z.B. bei Lehrerfreund.de.
Mit einer durchdachten Punkteverteilung und einem gut formulierten Erwartungshorizont geht das Korrigieren wie von selbst – na gut, fast wie von selbst.
Nutzen Sie alle formalen und textbasierten Möglichkeiten, die Sie bei der Konzeption der Klassenarbeit haben, um den Schülerinnen und Schülern die Arbeit zu erleichtern! Je übersichtlicher die Struktur und je klarer Ihre Formulierungen, desto weniger schlechte Leistungen kommen durch Missverständnisse, fehlerhafte Einschätzungen von Aufgaben oder ein falsches Zeitmanagement zustande.
Die ganze Arbeit, die Sie vorab in die Formulierung der Aufgaben, die Gestaltung der Arbeit, Gedanken zu Ihren Leistungserwartungen und eine durchdachte Punktevergabe gesteckt haben, macht sich v.a. auch bei der Korrektur bezahlt!
Komprimiert ausgedrückt: Mehr Mühe bei der Vorbereitung = unkomplizierte Durchführung, schnellere Korrektur, objektivere und nachvollziehbarere Bewertung und weniger Diskussionen bei der Besprechung.
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