Konfliktlösung mit der Friedenstreppe
Konflikte zwischen Schülerinnen und Schülern kommen im Schulalltag schon bei den Kleinsten immer wieder vor. Damit sich die Auseinandersetzungen nicht verhärten und zur Prävention von Gewalt und Mobbing, können Sie die sozialen Kompetenzen der Kinder stärken und ihnen Konfliktlösungsstrategien zeigen.
Hier stellen wir Ihnen das Konzept der Friedenstreppe vor.
Das erfahren Sie in diesem Beitrag
Häufig gestellte Fragen zum Konzept der Friedenstreppe
Was ist die Friedenstreppe?
Die Friedenstreppe gibt Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, Streit und Konflikte fair beizulegen. Das Konzept sieht 4 Stufen der Konfliktlösung vor, die die in Streit geratenen Kinder durchlaufen. Die Form dieses Stufenmodells ist namensgebend für die Friedenstreppe.
Für welche Klassenstufen ist die Friedenstreppe geeignet?
Die Friedenstreppe wird v. a. in den Klassenstufen 1 - 6 angewendet.
Was sind die Vorteile der Friedenstreppe?
Mit der Friedenstreppe können Konflikte
- fair,
- gewaltfrei,
- selbstständig und
- ohne Verlierer gelöst werden.
Was lernen die Kinder?
Die Kinder lernen,
- dass ein Konflikt immer zwei Seiten hat,
- mit Streitsituationen konstruktiv umzugehen,
- ihre Gefühle verständlich auszudrücken,
- anderen aktiv zuzuhören und
- empathisch und tolerant zu reagieren.
Vermittlung des Konzepts der Friedenstreppe
Sie können das Konzept der Friedenstreppe als Projekt in Ihrer Klasse durchführen. An einigen Schulen ist sie auch Teil einer Streitschlichter-Ausbildung, die in Streit geratene Schülerinnen und Schüler dann bei der Durchführung anleiten können.
Den in Streit geratenen Kindern sollte bei der Durchführung der Friedenstreppe eine weitere Person (z. B. eine Lehrkraft, ein Streitschlichter oder eine Schülerin/ein Schüler, der die Friedenstreppe kennt) als Moderator zur Seite stehen. Diese kann eingreifen, wenn die Kinder Hilfe benötigen oder die Regeln nicht beachten.
1. Regeln kennenlernen
Um die Friedenstreppe anwenden zu können, müssen die Schülerinnen und Schüler zunächst die Regeln kennenlernen, die sie bei der Durchführung beachten sollen:
- Die Beteiligten sprechen freundlich (ohne Kraftausdrücke und Beleidigungen) und werden nicht laut.
- Sie hören sich zu und lassen sich ausreden.
- Sie sehen sich beim Sprechen an.
2. Ist die Beilegung des Konflikts auf der Friedenstreppe gewünscht?
Vor jeder Streitschlichtung werden die Regeln wiederholt und die streitenden Kinder willigen ein, die Regeln zu akzeptieren. Wenn eine Partei noch zu aufgewühlt oder wütend ist, ist es besser, die Streitschlichtung solange zu verschieben, bis alle sich darauf einlassen können.
Visualisierung der Friedenstreppe:
Wenn die Schülerinnen und Schüler die Friedenstreppe kennenlernen, ist es sinnvoll, sie zu visualisieren:
- Dreidimensionale Friedenstreppe mithilfe von Hockern, Stühlen und Tischen.
- Treppe als Querschnitt mit Kreppband oder Markierungsband auf den Boden aufkleben.
- Visualisierung mit bunten Teppichfliesen.
Beim Üben von Konfliktbeilegungen können die Kinder die Stufen der Friedenstreppe so tatsächlich absolvieren und sich so immer näher kommen. Das hilft ihnen dabei, das Konzept zu verinnerlichen. Falls die Materialien für die Treppe nicht dauerhaft zur Verfügung stehen, können Sie den Aufbau der Treppe als Plakat im Klassenzimmer aufhängen oder den Streitschlichtern laminiert zur Verfügung stellen. Auch ohne Treppe sollten sich die Kinder gegenüber aufstellen und nach jeder Stufe einen Schritt aufeinander zugehen.
3. Die 4 Stufen der Friedenstreppe
Stufe 1: Was aus meiner Sicht passiert ist
Die Kinder legen fest, wer zuerst seine Sicht des Geschehenen erzählt. Danach darf das andere Kind seine Sichtweise schildern.
Beim Erzählen sollen die Kinder „Ich-Botschaften“ verwenden. Sie erzählen, wie sie den Streit erlebt haben und welche Gefühle sie dabei hatten. Ggf. kann der Moderator nachfragen, wie sie sich gefühlt haben. Das Kind, das gerade nicht redet, hat die Aufgabe, aufmerksam zuzuhören.
Sind beide fertig, stellen sie sich auf die erste Stufe und kommen sich so räumlich schon etwas näher.
Stufe 2: Was aus deiner Sicht passiert ist
Auf der zweiten Stufe sollen die Kinder versuchen, sich in ihr Gegenüber hineinzuversetzen. Dazu wiederholen sie, was das andere Kind gesagt hat. Wurde etwas nicht verstanden oder vergessen, darf das Kind nachfragen, so dass beide Sichtweisen möglichst komplett wiedergegeben werden und die Kinder verstehen, wie der andere den Streit erlebt und sich dabei gefühlt hat. So soll das Verständnis füreinander gefördert werden. Danach steigen beide Kinder auf die dritte Stufe.
Das Erzählen in „Ich-Botschaften“, die Schilderung der eigenen Gefühlslage, das aktive Zuhören und auch das Finden von Lösungsmöglichkeiten müssen die Kinder üben, um es selbst anwenden zu können. Einige Durchgänge mit gestellten Situationen sind deshalb nötig.
Stufe 3: Wie können wir das Problem lösen?
Gemeinsam suchen die Kinder nach Möglichkeiten, den Konflikt beizulegen. Sie können dabei ihre Wünsche und Bedürfnisse äußern, aber auch, was sie selbst zu tun bereit sind, um den Streit zu beenden. Nicht immer werden alle Wünsche realisierbar sein, evtl. müssen Kompromisse gefunden werden. Der Moderator und außenstehende Kinder können, wenn nötig, helfen.
Ist eine Lösung gefunden, fragt der Moderator nach, ob beide Kinder damit einverstanden sind. Ist das der Fall, steigen sie auf die letzte Stufe und stehen sich direkt gegenüber.
Stufe 4: Wir vertragen uns
Die vierte Stufe dient der Verinnerlichung der gefundenen Lösung zur Versöhnung: Beide Kinder wiederholen nacheinander, was sie auf der dritten Stufe vereinbart haben und geben ihr Einverständnis und Versprechen, sich daran zu halten, z. B. durch ein vereinbartes Zeichen wie einen Handschlag oder eine Umarmung (in Corona-Zeiten besser auf Ellbogen- bzw. Fuß-Checks ausweichen).
Alle weiteren Anwesenden sollen die Kinder bei der Einhaltung der Vereinbarung unterstützen und sie ggf. daran erinnern.
Brigitte Zwenger-Balink schreibt in ihrem Buch, in dem sie das Konzept der Friedenstreppe vorstellt, dass das Projekt sehr vielen Schülerinnen und Schülern geholfen hat, dass es aber auch komplexe Fälle gab, bei denen diese Methode und die Möglichkeiten Grenzen hatte und auf andere Konfliktlösungsmöglichkeiten zurückgegriffen werden musste.
Quellen:
- Brigitte Zwenger-Balink: Komm, wir finden eine Lösung! Training zur Gewaltprävention in den Schulklassen 1 - 6, Ernst Reinhardt Verlag.
- „Komm, wir finden eine Lösung!“ wird auch als Präventionsprojekt gegen Mobbing und Gewalt an Schulen durch den Kinderschutzbund München angeboten.
Schnelles Wissen: Streit unter Kindern
Warum und wie streiten Kinder? Gibt es Streitregeln? Ist Streit schlimm? Antworten auf diese Fragen sowie das Emotionen-Barometer zum Ausdrucken gibt es hier:
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