Beiträge zur Firmengeschichte 1: Die ersten Jahre
Schon seit meiner Kindheit gefiel es mir nicht, wenn mir andere Leute sagten, was ich tun soll. Seit Mitte der 1960er-Jahre war mir klar, ich würde als weisungsgebundener Angestellter nie froh werden.
Ich beschloss, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Natürlich wusste ich, dass eine Geschäftsgründung ohne Kapital leicht zum riskanten Abenteuer werden kann.
Ich nahm mir vor, etwas herzustellen oder zu vertreiben, was den Mitmenschen nützt. Mit Knallkörpern oder Duftkissen zum Beispiel wollte ich mich nicht beschäftigen. Ansonsten war ich für alle Bereiche offen. In welcher Branche konnte ich also Erfolg haben?
In verschiedenen Bereichen kannte ich mich mehr oder weniger aus:
- Ich hätte Rund- oder Schnittholz als Makler vertreiben können. Das hatte ich früher einmal gelernt.
- Ich dachte daran, mit speziellen Maschinenwerkzeugen Handel zu treiben. Für solche gab es damals unerträgliche Lieferzeiten. Durch geschicktes Disponieren hätten sich dieselben verkürzen lassen. Das war aussichtsreich, ohne Kapital aber auch sehr gefährlich.
- Eine andere Idee war es, abgepacktes Obst an Kantinen zu liefern, welche dasselbe für einen runden Betrag verkaufen könnten. Ich kannte Interessenten.
Dann fiel mir ein nur wenigen Leuten bekannter Wirtschaftszweig auf: Schulen benötigten Lehrmittel, Wandtafeln, Möbel, Musikinstrumente, Sportgeräte und vieles mehr.
Zunächst wollte ich beobachten und fing als „freier Handelsvertreter“ an. Bald war ich mir sicher: Als Lieferant von Schulen und später auch von Kindergärten musste ich Erfolg haben. Ich wusste, die Branche hat Zukunft.
Der erste Geschäftsstandort: Giengen an der Brenz
Nachdem ich noch einmal in die Werkzeugbranche hineingeschaut hatte, meldete ich am 1. Oktober 1970 in Giengen/Brenz ein Gewerbe als Lehrmittelhändler an. Für die ersten vier Monate war die Wohnung meiner Eltern Geschäftssitz. Den Schreibtisch meines Vaters durfte ich mitbenutzen.
Zum Lagern von Waren und Werkzeugen standen mir vielleicht 15 m² zur Verfügung. Natürlich litt ich unter einem fürchterlichen Platzmangel.
Im Laufe der letzten 50 Jahre vermehrten sich die Lagerflächen fortlaufend gewaltig. Heute im Jahr 2020 verfügen unsere Unternehmen neben den Produktions- und Verwaltungsräumen über mindestens 20.000 m² gut regalierter Lagerfläche. Der Platzmangel verfolgt uns aber bis heute: Zur Zeit wird schon wieder groß gebaut.
Am Anfang stand mir überhaupt kein Eigenkapital zur Verfügung, dafür waren aber bereits Kunden aus meiner Vertreterzeit vorhanden. Ich ging davon aus, dass mir der Kundenstamm und gute Marktkenntnisse mehr nutzen können als ausreichend viel Geld. Wie sich später zeigte, hatte ich Recht.
Ich war damals mit Justina Hartmann, genannt Tina, verlobt. Sie stand voll hinter meinem Plan, ein Unternehmen zu gründen. In den Anfangsjahren musste ich als „Vertreter in eigener Sache“ viel unterwegs sein. Weil ich viele Schulleiter und Lehrer gut kannte, stellte sich der Erfolg aber schon schnell ein.
Welche Lehrmittel und Einrichtungen gebraucht wurden, wusste ich von meiner Vertreterzeit her recht gut. Die Bezugsquellen hatte ich erforscht. Ich kannte mich gut aus. Als Lieferanten kamen etwa 70, fast nur inländische Hersteller in Frage. Viele boten mir sofort günstige Einkaufsbedingungen an. Einige, meist würdige ältere Herren, verhielten sich eher zögerlich.
Am 6. Februar 1971, etwa vier Monate nach der Geschäftsgründung, heirateten Tina und ich. Wir mieteten in Schwäbisch Hall eine Wohnung, einen Laden- und Büroraum sowie eine noch sehr, sehr kleine Lagerhalle.
Umzug nach Schwäbisch Hall
Im vorderen Teil des in der Gelbinger Gasse gemieteten Geschäftsraumes richtete meine Frau einen kleinen, sehr originellen Laden ein. Wir verkauften dort Spielwaren, vor allem Lernspielzeug. Als Kunden kam eine Anzahl von „Besserverdienenden“ zu uns. Der Umsatz kam aber nicht im Geringsten an den des rasch wachsenden Lehrmittelhandels heran.
Unser Büro befand sich im gleichen Raum. Als Ausstattung hatten wir nur zwei Tische, zwei Regale, ein Telefon und eine kleine mechanische Schreibmaschine.
Zum Rechnen benutzten wir einen Rechenschieber, mit welchem ich aber sehr gut umgehen konnte. Taschenrechner waren noch unbekannt. Eine EDV gab es damals nur in wenigen Großbetrieben.
Um Neukunden für unser noch sehr junges Unternehmen zu gewinnen und vorhandene Abnehmer an uns zu binden, war ich sehr viel unterwegs. Außerdem warben wir schon damals mit einem kleinen schwarz-weiß gedruckten Katalog.
Weil kein Geld da war, durfte dieses Heft kaum etwas kosten. Um die Satzkosten zu sparen, tippte Tina die Texte auf ihrer kleinen Reiseschreibmaschine. Die Bilder durften wir aus den Katalogen und Prospekten der Hersteller herauskopieren.
Heute im Jahr 2020 wundert sich jeder, dass wir damals mit so einem einfachen Werbemittel Erfolg haben konnten.
Neue Produkte und kurze Lieferzeiten sorgten für einen guten Ruf
Die Kunden ärgerten sich damals über die unerträglich langen Lieferzeiten beim etablierten Lehrmittelhandel. Das konnten wir uns zu Nutze machen. Zwar besaßen wir noch kein Geld für eine großzügige Lagerhaltung, da konnten aber auch gute Dispositionen helfen. Ein Beispiel: Biologische Modelle wurden damals überall gebraucht. Torsomodelle lieferte der Hersteller frühestens ein Jahr nach der Bestellung.
Da wir ungefähr wussten, mit welchen Aufträgen wir in absehbarer Zeit rechnen konnten, gingen wir das Risiko ein und bestellten nicht mehr nur auftragsbezogen, sondern nach dem für die Zukunft geschätzten Bedarf oft schon ein Jahr vor dem zu erwartenden Auftragseingang. So konnten wir viel schneller liefern als andere. Unser Ruf wurde immer besser.
In den Anfangsjahren interessierten sich unsere Schulkunden für Geräte wie Tageslichtprojektoren, Episkope, Kopierer, Matrizendrucker, Bindemaschinen, Laminiergeräte, Tonverstärker und Ähnliches. Diese Geräte verursachten damals einen riesigen Bedarf an Verbrauchsmaterial.
Für viele Lehrer waren all diese Dinge sensationell neu, heute im Jahr 2020 sind die meisten schon seit Langem alte Hüte. Manche kennt jetzt kein Mensch mehr. Wir spezialisierten uns damals auf diese begehrten Produkte und gewannen sehr viele Neukunden.
Damit unser sehr junges und zunächst auch noch kleines Unternehmen wachsen konnte, mussten fortschrittliche und loyale Lieferanten neu dazukommen. Solche fanden wir nach und nach im In- und Ausland. Das Jahr 1971 war unser erstes volles Geschäftsjahr. Am Ende desselben hatten wir etwa 300.000 DM umgesetzt. Das war mehr als Tina und ich am Anfang erhofft hatten.
Steckwürfel werden zum Verkaufsschlager
Schon seit einigen Jahren planten die Kultusministerien der deutschen Bundesländer eine tiefgreifende Modernisierung des Mathematikunterrichts. Über Begriffe wie „Mengenlehre“ oder „moderne Mathematik“ wurde inzwischen an allen Schulen viel diskutiert. Jetzt im Jahr 1972 begannen an vielen Volksschulen Unterrichtsversuche. Neue Lehr- und Arbeitsmittel wurden gebraucht.
Schulbuch- und Lehrmittelverlage entwickelten solche. Wir mussten zusehen, dass wir nicht zu spät kommen. Wir fanden Lieferanten für fast alles, außer nach allen Seiten zusammenstellbare Würfel, welche die Volksschulen unbedingt benötigten. Es gab welche aus England. Dafür hatte sich aber ein Mitbewerber die Vertriebsrechte gesichert. Das sah zunächst schlecht für uns aus.
Doch Tinas Aufmerksamkeit und ihr Spürsinn verwandelten die Notlage in eine Riesenchance. Während eines Messerundgangs sah sie bei einem von anderen kaum beachteten Aussteller genau die Würfel, welche wir brauchten. Sie waren sogar wesentlich besser und stabiler als die englischen. Sowohl ich persönlich als auch unsere Konkurrenten waren tollpatschig am Messestand vorbeigelatscht.
Natürlich sagten wir niemandem etwas und hatten zum ersten Mal ein „eigenes“ Produkt, welches wir hervorragend verkaufen konnten. Wir nannten die Steckwürfel, wohl nicht ganz passend „Mengenverbundwürfel“. In den folgenden Jahren brachten sie uns sehr gute Umsätze und Erträge.
Die Würfel erleichterten uns den Einstieg in die jetzt wichtig gewordene Sparte „Lehrmittel für die Neue Mathematik“. Die Volksschulen durften für den modernisierten Mathematikunterricht sehr viel Material anschaffen. Wir konnten uns gegen viele Konkurrenten durchsetzen.
Die Lehrpläne änderten sich auch für andere Fächer. So musste die bis dahin unterrichtete Heimatkunde einem neuartigen „Sachunterricht an Volksschulen“ weichen. Ein erheblicher Bedarf an neuen Lehrmitteln war die Folge. Das war gut für uns. Der Umsatz überstieg 1972 500.000 DM. Davon entfiel aber nur ein minimaler Anteil auf das Ladengeschäft. Wir öffneten dasselbe nicht mehr. Den Platz in den gemieteten Räumen und unsere Zeit konnten wir mit dem Schulgeschäft besser nutzen.
Obwohl uns das Leben in Schwäbisch Hall sehr gut gefiel und wir mit dem geschäftlichen Erfolg zufrieden waren, planten wir schon 1973 einen Umzug. Die gemieteten Räume lagen in verschiedenen Gebäuden und etwas weit auseinander. Für den zwar noch bescheidenen, aber ständig wachsenden Betrieb reichten sie fast nicht mehr aus. Wir wollten auch keine Mieter bleiben. Der nächste Umzug stand also an.
Wie es weitergeht, erfahren Sie im zweiten Teil der Firmengeschichte.
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